www.onlinemerker.com, Alexander Walther, 10.08.2023

»Neue CD mit Maximilian Schairer (Klavier) bei hänssler classic / Mit befreiender Kraft – Es ist eine Aufnahme, die aufgrund ihrer formalen Geschlossenheit beeindruckt. Zunächst interpretiert der Pianist Maximilian Schairer sehr facettenreich Franz Schuberts Fantasie in C-Dur op. 15 D 760, die so genannte „Wanderer-Fantasie“. Wie hier die viersätzige Form aus einem zentralen thematischen Keim entwickelt wird, bleibt so jederzeit nachvollziehbar. Und auch der romantische Impetus fehlt nicht. Das zugrundeliegende Lied „Der Wanderer“ (das Schubert schon im Jahre 1816 komponierte) schimmert hier immer wieder in geheimnisvoller Weise durch. Der vollgriffige akkordische Klaviersatz verliert nirgends seinen kraftvollen Zugriff – Haupt- und Seitenthema zeigen auch reizvolle klangfarbliche Veränderungen und Nuancen. Der fugierte Schluss-Satz imponiert durch seinen energischen Zugriff und die erfrischende Musikalität des Tastenanschlags.  So gerät die musikalische Einheit des Ganzen nicht aus dem Gleichgewicht. Das erst Allegro überrascht hier wirklich als feurige Sturmmusik mit einem unruhigen „Wanderer“-Rhythmus, der sich immer intensiver durchsetzt. Sehr schön gelungen ist außerdem der ausdrucksvoll gestaltete Adagio-Teil mit seinen kunstvollen Variationen. Der Schwebezustand zwischen E-Dur und cis-Moll zeigt immer wieder fast sphärenhafte Wirkungskraft. Überwältigend-virtuos spielt Maxmilian Schairer das ungestüme Scherzo mit einem ausgesprochen lyrischen Trio. Eine Entdeckung ist bei dieser Einspielung vor allem die Phantasie (Sonate ecossaise) fis-Moll op. 28 „Schottische Sonate“ von Felix Mendelssohn Bartholdy, dessen an ein schottisches Volkslied gemahnendes Thema Maximilian Schairer stark verinnerlicht interpretiert. Mozarts c-Moll-Fantasie schimmert als Vorbild durch. Perlend und rasant spielt Schairer zuletzt das fast atemlos gestaltete Presto-Finale, dessen fulminanter Klangzauber überrascht. Ausgesprochen gelungen ist ferner die fast philosophisch wirkende Wiedergabe von Ludwig van Beethovens Sonate für Klavier „Sonata quasi una fantasia“ Nr. 14 cis-Moll op. 27 Nr. 2 „Mondscheinsonate“ von Ludwig van Beethoven. Sie ist angeblich der schönen 16jährigen Gräfin Giulietta Guicciardi gewidmet, in der Beethoven die „unsterbliche Geliebte“ zu erkennen glaubte. Maximilian Schairer gelingt es bei seiner ausgefeilten Wiedergabe jedenfalls gut, den leidenschaftlichen Impetus dieses Werkes schon bei der absteigenden Basslinie im Kopfsatz zu Gehör zu bringen. Man erinnert sich fast an Passacaglia-Bässe. Zart und mit gedämpftem Nachklingen spielt Schairer dieses Werk tatsächlich – und die Melodie moduliert in geheimnisvoller Weise von cis-Moll nach E-Dur. Und auch die Verdüsterung nach e-Moll zeigt hier viele Schattierungen. Die chromatischen Spannungen kommen nie zu kurz. Sehr lyrisch erscheint das Scherzo, das Franz Liszt einst als „eine Blume zwischen zwei Abgründen“ bezeichnete. Die aufwärts stürmenden Sechzehntel-Arpeggien des Finales besitzen bei dieser Einspielung etwas Feurig-Unerbittliches. Doch bei Maximilian Schairer ist es keineswegs ein wildes und unvermitteltes Rasen, sondern er verliert die wichtige thematische Gestaltung nie aus den Augen. So hält die Spannung dieses Satzes bis zur Coda an, deren Effekte kraftvoll aufblitzen. Fast elegisch und nachdenklich musiziert Schairer zuletzt die poetische Fantasie für Klavier (in D-Dur, d-Moll) Unv 12 aus dem Kafka-Skizzenbuch (London 1970) von Ludwig van Beethoven. Da zeigt sich zuweilen ein beinahe pantheistisches Naturgefühl, eine befreiende Kraft des Geistes.«