Schwäbische Zeitung, 23.10.2023

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»Steinway Artist fesselt in Tettnang mit farbenreichem Spiel. Ein eindrucksvoller Klavierabend ist es im Rittersaal mit Maximilian Schairer. Mit Mondscheinszenerie und Seelenstürmen: Pianist Maximilian Schairer beeindruckt im Rittersaal des Neuen Schlosses

Trotz der prekären Parkverhältnisse am Ende des Tettnanger Mobilitätstags haben am frühen Sonntagabend zahlreiche Zuhörer in den Rittersaal gefunden zum Konzert des „Young Steinway Artists“ Maximilian Schairer. Mit seinem farbenreichen, inspirierten Spiel hat der mehrfach mit Preisen und Stipendien ausgezeichnete Pianist schnell für sich eingenommen.

Klug ausgewählt war das Programm mit Stücken, die in einem inneren Zusammenhang standen, weist doch Felix Mendelssohn Bartholdys „Schottische Sonate“ genannte Phantasie fis-Moll op. 28 auf Beethovens „Mondschein-Sonate“ Nr. 14 cis-Moll op. 27 Nr. 2 zurück, und auch Beethovens unvollendete Fantasie für Klavier hat Ähnlichkeiten mit ihr.

Geheimnisvoll-betörend statt süßlich-klischeehaft

Farbenreich, mit dunklem, wehmütigem Unterton gestaltete Schairer den Kopfsatz von Mendelssohns Phantasie, ehe er im Allegro einen neckisch tänzelnden volkstümlichen Ton anschlug, der im Presto zum brillanten Feuerwerk explodierte. Wie verwandelt erschien der Pianist im ersten, traumverlorenen Satz von Beethovens „Mondscheinsonate“, den er fern süßlicher Klischees geheimnisvoll betörend gestaltete. Leise, meditative Schwermut nahm im Adagio gefangen, ehe sie im verhalten ansetzenden Trio einer Aggressivität wich, die sich im Presto in wild dahinjagendem Fluss furios steigerte und Beethoven zum Rebellen machte.

Ausgangspunkt sind Beethovens Skizzen

Unbekannt war die Fantasie für Klavier mit wechselnden Tonarten, die Beethoven skizzenhaft hinterließ. Hier waren rhythmische, melodische wie auch thematische Ähnlichkeiten zu bekannten Stücken zu erkennen.

Als ob Wogen überm Wanderer zusammenschlagen

Tief tauchte Schairer zuletzt in die romantische Gefühlswelt von Franz Schuberts „Wanderer-Fantasie“ C-Dur op. 15 D 760 ein, in der der Komponist sein Lied „Der Wanderer“ zitiert. In mitreißendem Fluss stellte der Pianist bittersüße, verklärende Schönheit neben tiefe Wehmut und schmerzhafte Zerrissenheit. Immer wieder brachen düstere Wolken in liedhaft unbeschwerte Szenen ein, gewannen die Oberhand, bis wieder ein fiebriger Sturm anbrandete, die Wogen über dem zerrissenen Wanderer zusammenschlugen. Schön, dass Schairer in seiner Zugabe die Anspannung löste und den Abend mit einer Nocturne op. 9 von Chopin friedvoll enden ließ.«